Transalp 2024

15.6.2024 – 21.6.2024

Wörgl (A) – Riva (I)

502 km, 13252 hm, 7 Etappen

 

Ein neues Jahr, eine neue Tour. Dieses Jahr konnte auch Seppl wieder teilnehmen. Schon im letzten Jahr sind wir im Frühsommer losgezogen und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Deshalb sind wir auch dieses Jahr schon Mitte Juni aufgebrochen, um über die Alpen zu radeln. Und, um es vorweg zu nehmen, wir haben es auch dieses Jahr nicht bereut. Das Wetter war uns gnädig, die Schneelage war bis auf den zweiten Tag ok und außerdem verbleibt so mehr Zeit nach der Tour, in der man sich mehr aufs Grillen als auf den Bauchumfang konzentrieren kann.

Um mein Performance-Trauma vom letzten Jahr zu überwinden, habe ich dieses Jahr schon im März angefangen, auf Kohlenhydrate zu verzichten und die Verdauung mit einem täglichen Gläschen Apfelessig morgens auf nüchternen Magen anzukurbeln. Das ganze zeigte mäßige Wirkung auf der Waage, aber zumindest hing ich dieses Jahr nicht hinterher.

Gunther hat sich wieder viel Mühe mit der Streckenplanung gegeben und die Komoot-Vorschläge mittels diversen Tools gegengecheckt. Das hat auch gut geklappt, nur die vierte Etappe geriet etwas „experimentell“. Dass das ein Risiko sein könnte, war uns aber schon vorher bekannt. „No risk, no fun“, wie man so schön sagt…

 

Freitag/ Samstag 14./15. Juni 2024, Anreise und erste Etappe

Wörgl (A) – Neukirchen (A), 41.7 km, 1275 hm ↗, 899 hm ↘

Wie in den vergangenen Jahren hatten wir auch dieses Jahr am Anreise-Tag noch eine Fahretappe geplant. Allerdings geriet die dieses Jahr etwas länger. Deshalb fuhren Gunther und Seppl am Vortag schon bis Nellingen und übernachteten dort. So war die Anreise am Samstag kürzer. Ich fuhr am Freitag nach Ulm und übernachtete bei meinen Eltern.

Seppl ist der einzige echte Fußball-Fan unter uns, und so war die Live-Übertragung des Eröffnungsspiels der Fußball-Europameisterschaft zwischen Deutschland und Schottland am Freitagabend eine Pflichtveranstaltung. Bei Pulled Pork und Spare-Ribs vom Smoker konnte er im historischen Auswärtstrikot einen 5:1 Sieg der deutschen Nationalmannschaft bejubeln. Der Sieg wurde wohl mit ein paar Bierchen begossen, was zu einer verkürzten Tiefschlaf-Phase führte. Ich habe derweil in Ulm meine Biervorräte aufgestockt und genoss es, dass während des Spiels der Getränkemarkt so gut wie leer war.

Am Samstag ging es weiter nach Wörgl, wo wir uns um 12:00 Uhr am Friedhof verabredet hatten. Ich war zu geizig, in ein Pickerl zu investieren und fuhr die letzten Kilometer ab Kiefersfelden auf der Bundesstraße. Trotzdem traf ich schon um 11:30 Uhr als erster am Treffpunkt ein, musste aber feststellen, dass die maximale Parkdauer dort lediglich 90 Minuten betrug. Der Parkplatzwächter hatte auch keinen Tipp, wo wir unsere Autos kostenfrei für eine Woche parken konnten, echauffierte sich aber derart über die letzten Aktionen der „Klima-Kleber“ in Österreich, dass seine Gesichtsfarbe ins erdbeerrot wechselte.

Pünktlich um 12:00 Uhr trafen Gunther und Seppl ein. Nach kurzem Kriegsrat beschlossen wir, irgendwo außerhalb der Stadt zu parken. Ein geeigneter Wanderparkplatz direkt an der Brixtaler Ache war schnell gefunden.

Ausladen, Umziehen, Räder zusammenbauen und das Start-Photo ging routiniert von der Hand. Eine letzte Gewichtsoptimierung des Equipments haben wir auch noch vorgenommen, indem wir einige der Kompass-Karten aussortierten und im Auto ließen. Gegen 12:50 Uhr ging es dann los… ein gutes Gefühl nach all der Planung und nur bedingt erfolgreichen Versuchen, die Wampe loszuwerden.

Zunächst auf dem Radweg entlang der Brixtaler Ache starteten wir bei schönem Wetter und angenehmer Temperatur, bis wir vom Radweg abbogen, um zunächst auf Asphalt, dann auf gut fahrbarem Schotterweg die ersten 1200 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Fast ganz oben angekommen dachten wir schon, wir könnten am ersten Tag Schieben und Tragen vermeiden, aber dann mussten wir die letzten 30 Höhenmeter zur Filzenscharte auf einem kleinen, verblockten Trampelpfad schieben. Weiter ging es über ausgelegte Bretter über ein kleines Hochmoor durch eine tolle Sumpflandschaft. Das dauerte aber nur gut 15 Minuten. Pünktlich zur Abfahrt nach Neukirchen fing es dann an zu Regnen. Ausnahmsweise hatten die Wetterfrösche also Recht. Zumindest konnten wir so die mitgeführte Regenbekleidung testen. Die Abfahrt war komplett fahrbar, erst auf Schotter, dann auf Asphalt. Vorbei ging es an Plakaten, auf denen Schafsbauern mit Bildern von gerissenen Schafen ihren Unmut über die aktuelle Wolfs-Politik äußerten. Offenbar treiben in der Gegend gleich mehrere Wolfsrudel ihr Unwesen.

Um 16:15 Uhr erreichten wir das Hotel Unterbrunn in Neukirchen. Erstmal bestellten wir ein Kaltgetränk gegen den Durst bei dem etwas skurril wirkenden Barkeeper aus Osteuropa. Von hinter der Bar vernahmen wir wütendes Gebrüll. Seppl ging der Ursache auf den Grund, und fand heraus, dass der Barmann Ungar war und seinem Unmut über der Performance seiner Mannschaft gegen die Schweiz lautstark Ausdruck verlieh. Die Ungarn verloren dann auch mit 1:3 Toren.

Als die Chefin eintraf und uns herzlich begrüßte, wurde es ruhiger hinter der Bar. Die Chefin genehmigte auch die Inbetriebnahme der Sauna. Während Gunther und Seppl dort schwitzten, genoss ich die Badewanne in unserem Doppelzimmer. Gunther hat schon im Vorfeld darum gebeten, während der Tour im Einzelzimmer zu nächtigen. In unserem Doppelzimmer hat Seppl das Schlafsofa umgebaut, und so hatten wir wenigstens getrennte Betten.

Vor dem Hotel wurden Bühnen und Stände für das bevorstehende Motorrad-Treffen aufgebaut, während wir um 19:00 Uhr bei Nieselregen losstiefelten, um ein Restaurant fürs Abendessen zu suchen. Fündig wurden wir im örtlichen Kino. Das Essen war auch ok, nur für das Gebotene etwas zu teuer. Gunther bestellte gebratenen Zander, welchen der ungarische Kellner als „Forelle“ vorstellte. Um welches Tier es sich schlussendlich wirklich handelte, bleibt ein Geheimnis. „Fisch ist Fisch“, meinte der Kellner, und geschmeckt hat es trotzdem.

Um 22:00 Uhr verkrochen wir uns nach einem langen Tag ins Bett und schliefen ein, während im Fernsehen im Hintergrund von uns völlig unbemerkt die Spanier gegen Kroatien mit 3:0 gewannen.

 

 

 

 

 

Sonntag, 16. Juni 2024, zweite Etappe

Neukirchen (A) – Lienz (A), 98.5 km, 2317 hm ↗, 2380 hm ↘

Wir haben recht gut geschlafen und trafen uns im 7:30 Uhr im riesigen Frühstücks-Saal, den wir fast für uns alleine hatten. Die Chefin erzählte, dass es in der Vorsaison recht ruhig wäre, hoffte aber auf volles Haus, wenn das Motorrad-Treffen nächste Woche losgeht. Das Frühstück war gut und reichhaltig, nur das mit den Eiern zum Selbstkochen hat irgendwie nicht geklappt. Offenbar müssen Eier auf fast 900 Meter über Normal Null deutlich länger als fünf Minuten kochen. So haben wir die Eier eben geschlürft statt gelöffelt.

Los ging es etwa 20 km leicht bergab entlang der Salzach nach Mittersil. Dann bogen wir auf einen Schotterweg, der uns gut 1200 Höhenmeter, immer steiler werdend, aber gut fahrbar zum Hintersee führte. Ab dort wurde das Geläuf verblockt und steil, sodass wir den Anstieg per Pedes fortsetzen mussten. Irgendwie haben wir dabei Seppl verloren. Der ist an einer Kehre falsch abgebogen, was Gunther und ich erst nach einiger Zeit bemerkten. So machten wir uns ohne Fahrräder auf die Suche nach ihm und entdeckten ihn im Nebel einige Höhenmeter über uns. Wieder vereint kämpften wir uns weiter über den verblockten Pfad und beobachteten dabei neidisch die Gämsen, die sich offenbar mühelos über die Geröllfelder flitzten. Auch ein paar Murmeltiere ließen sich blicken. Für uns war dieser Abschnitt aber mächtig kräftezehrend. Der Weg wurde immer steiler und die Schneefelder, die wir zu durchqueren hatten, immer größer. Steigeisen wären hilfreich gewesen. Zum Glück war das Wetter besser als angekündigt. Bei dem angekündigten Regen hätten wir den Übergang wohl nicht geschafft. Auch so brachte uns die Aktion an unsere körperlichen Grenzen, zumal wir am Rand der Schneefelder immer wieder bis zur Hüfte einbrachen, was mit Rad und Rucksack auf dem Rücken ziemlich unangenehm ist. So waren wir froh, als wir endlich die Pöltner Hütte erreichten. Außer uns waren nur noch zwei weitere Gäste im Gastraum. Diese kamen von der anderen Seite, ließen ihre Räder aber ein paar hundert Höhenmeter weiter unten stehen und kamen zu Fuß auf ein Kaltgetränk in die frisch eröffnete Hütte. Die gesprächige Bedienung berichtete, dass das Hüttenpersonal inklusive des neuen Hüttenwirts erst am Vortag per Helikopter eintrafen. Vor weniger als zwei Wochen gab es hier noch 30 cm Neuschnee. Glück muss man haben. Die Rauchmelder hingen zwar noch nicht an der Decke, aber frischer Apfelstrudel war schon gebacken. Den hat Seppl auch gleich probiert und für gut befunden, außerdem gab es Suppe und Kaltgetränke.

Es war schon 16:30 Uhr, wir hatten noch fast 60 Kilometer vor uns und der Abstieg sah auch alles andere als fahrbar aus. Über die langen Schneefelder ging es dann aber rutschender und fahrender Weise schneller als gedacht und machte auch einen mords Spaß. Die nassen Schuhe störten da wenig, und den Sonnenbrand unter dem schütteren Haar habe ich erst abends bemerkt. Nach etwa 300 Höhenmeter trafen wir auf einen Fahrweg, der nur noch gelegentlich mit Schnee bedeckt war. Schließlich kamen wir direkt am südlichen Ausgang des Felbertauerntunnels auf eine kleine Asphaltstraße, die schließlich in die vielbefahrene Felbertauernstraße mündete. Wir hatten endlich das Tauern-Massiv überquert. Wegen der fortgeschrittenen Uhrzeit und der beachtlichen verbleibenden Strecke versuchten wir auf der Mautstraße trotz des heftigen Verkehrs Kilometer zu fressen, aber nach ein paar Kilometern wurde uns das zu gefährlich. Deshalb bogen wir auf eine kleine Nebenstraße ab, wo wir uns im Wind-schatten fahren versuchten, um dem Gegenwind ein Schnippchen zu schlagen. Bekanntlich hasse ich Windschatten fahren, aber wegen der schwindenden Kräfte machte ich eine Ausnahme…

Um 19:10 Uhr erreichten wir endlich das Hotel in Lienz und gönnten uns ein Radler, bevor wir unsere Räder versorgten, eincheckten und in unseren Zimmer Radklamotten und Body vom gröbsten Mief befreiten. Auch hier hatten Seppl und ich zum Glück wieder getrennte Betten. Einer Empfehlung der Rezeptionistin betreffend der Location fürs Abendessen sind wir gefolgt. Zumindest ich war von dem Gebotenen aber eher nicht so begeistert. Nudeln gab es nicht, und die fettigen Kartoffel-Krapfen musste ich mit einem Schnaps runterspülen. Seppl und Gunther genehmigten sich noch ein Eis von der benachbarten Eisdiele.

Um 22:00 Uhr verabschiedeten wir uns zur Nachtruhe. Während wir schon schliefen erkämpfte England ein mageres 1:0 gegen Polen.

 

Montag, 17. Juni 2024, dritte Etappe

Lienz (A) - Domegge di Cadore (I), 94.8 km, 2028 hm ↗, 1882 hm ↘

Um 7:00 Uhr weckte uns die Sonne, die durchs offene Fenster schien. Das Frühstück war angemessen und die Latschen, die wir am Vorabend noch zum Trocknen in den beheizten Skikeller brachten, waren auch trocken. Um 9:00 Uhr war Abfahrt bei strahlendem Sonnenschein. Etwa 400 Höhenmeter verteilt auf 30 Kilometer radelten wir auf dem Drau-Radweg und freuten uns über die schöne Natur und die angenehme, fast nicht spürbare Steigung. Dann bogen wir auf eine Asphaltstraße, wo es etwas steiler wurde. Plötzlich war Seppl, der eben noch bei uns war, verschwunden. Gunther und ich warteten eine Weile, und dann tauchte er am Horizont auf, sichtlich happy. Ein Anruf vom zukünftigen Chef, der neue Arbeitsvertrag liegt zur Unterschrift bereit. Gute Nachrichten!

Kurz darauf bogen wir links auf einen Wirtschaftsweg ab. Auch der war angenehm zu fahren, obwohl die Steigung auf dem Schotterweg etwas zunahm. Um ein Haar hätten wir eine Kreuzotter, die sich auf dem Weg sonnte, plattgefahren. Einen Moment lang überlegten wir, ob wir das Tier nicht einpacken sollten, um Gunthers Problem mit den Fröschen im Teich in Nachbars Garten zu lösen, aber erstens hatten wir ja noch vier Etappen vor uns und zweitens machte das Vieh nicht den Eindruck, als wäre es von dieser Idee begeistert.

Weiter gings zur Porze Hütte, wo wir uns mit Speck- und Kaspressknödelsuppe stärkten. Seppl nahm die letzte Chance auf Kaiserschmarrn wahr. Wir hatten nämlich nur noch 150 Höhenmeter bis zur italienischen Grenze auf dem Tilliacher Joch (2094 m), die wir zum großen Teil schiebend überwanden. Von dort mussten wir nur noch lächerliche 50 Höhenmeter bergab schieben, bevor der Weg fahrbar wurde. Vorsicht war allerdings angebracht, weil der Schotter ziemlich tief war und die Räder ständig wegrutschten. Aber auch das ging vorbei. 25 Kilometer Straße, leicht abfallend, bei leider recht hohem Verkehrsaufkommen standen jetzt an. Eigentlich wollten wir vor einem langen Tunnel links von der Straße auf eine Umfahrung abbiegen, um nicht unbeleuchtet im Tunnel von einem LKW plattgefahren zu werden, aber irgendwie hat Seppl das nicht mitbekommen. Jedenfalls düste er mit angelegten Ohren an uns vorbei in den Tunnel und hörte auch unser Rufen nicht… Uns blieb also nichts anderes übrig, als hinterher zu fahren. Vorher allerdings kramten wir noch alles, was irgendwie leuchtet, aus dem Rucksack, um im Tunnel auf uns aufmerksam zu machen. Meine mickrige Leselampe trug dazu sicher nicht viel bei, Gunthers Stirnlampe schon eher.

4 Kilometer können recht lang sein. Obwohl es im Tunnel recht frisch war, schwitzten wir bei jedem Auto oder LKW, der sich von hinten näherte. Hat er uns gesehen oder sind wir gleich platt? Alles ging gut, und am Tunnel-Ausgang wartete Seppl, ebenfalls erleichtert, noch am Leben zu sein. Weiter ging es auf der vielbefahrenen Straße, weil wir auf unsere ursprünglich geplante Strecke wegen vieler dazwischenliegenden Höhenmetern nicht mehr wechseln konnten, ohne nochmal durch den Tunnel zu fahren.

Italienische Autofahrer lieben es offenbar, beim Überholen von Radfahrern möglichst wenig Platz zu lassen. Ich weiß nicht, warum die das selbst dann machen, wenn ganz offensichtlich nichts und niemand entgegenkommt. Aber aufgefallen ist mir das schon während früherer Touren durch Italien. Ich glaube nicht mal, dass die das böse meinen. Wahrscheinlich können sie es einfach nicht besser. Sei’s drum, wir haben es überlebt und unser Hotel Ferrovia in Domegge di Cadore lebend erreicht. Das Hotel macht von außen einen traditionell-altbackenen Eindruck. Wir wurden freundlich empfangen und gönnten uns erst mal ein Bier auf der Terrasse. Die Zimmer waren, entgegen unserer Erwartungen, wirklich toll renoviert. In unserem Doppelzimmer gab es ein großes Doppelbett und ein Stockbett. Um 19:00 Uhr machten wir uns auf ins Dorf. Wir haben im Internet eine Lifestyle-Pizzeria ausgemacht, welche sich ein paar Minuten Fußmarsch entfernt befand. Wir setzten uns rein, studierten die schicki-micki Karte und verstanden kein Wort. Deshalb beschlossen wir, eine Ecke weiter in eine andere, bodenständige Pizzeria zu ziehen. Hier war die Karte, wie sie sein muss. Die Bedienung war nett und die Pizza sehr gut. Nur Gunther ist nicht satt geworden. Deshalb, und weil wir alle noch Durst hatten, beehrten wir noch ein naheliegendes Restaurant mit unserem Besuch, wo sich Gunther noch Nudeln bestellte und die Flasche Rotwein stilvoll in einem Flaschenständer in Pumps-form serviert wurde. Zurück latschten wir durch den Ortskern ins Hotel, wo wir um 21:45 Uhr eintrafen, genau richtig um ein Eigentor der Österreicher gegen die Franzosen im Fernseher an der Rezeption zu sehen.

 

Dienstag, 18. Juni 2024, vierte Etappe

Domegge di Cadore (I) – Pescul (I), 36.9 km, 1927 hm ↗, 2341 hm ↘

Wir haben recht gut geschlafen. Das Hotel liegt zwar an einer Hauptstraße, aber unsere Zimmer waren zum Glück recht ruhig, weil die Fenster nach hinten raus gingen. Wenn die Italiener kulinarisch eines nicht können, dann ist es Frühstücken. Um 8:00 Uhr trafen wir uns im Frühstücks-Raum. Das Angebot war etwas dürftig… Egal, die Sonne schien und wir freuten uns auf einen erlebnisreichen Tag. Gunther warnte schon beim Frühstück, dass es für die heutige Strecke keinerlei Erfahrungsberichte gäbe. Der Grund dafür wurde uns im Verlauf des Tages gewahr.

Um 9:45 Uhr ging es los, gleich recht steil auf Asphalt durch ein idyllisches Tal fast ohne Autos. Nach wenigen Kilometern endete die Asphaltdecke an einem Albergo, und weiter ging es durch ein breites, trockenes Flussbett. Offensichtliche Hochwasserschäden ließen erahnen, dass vor nicht allzu langer Zeit wohl riesige Wassermassen durch das Tal schossen und große Mengen an Schutt und Geröll bewegten. Unser Weg war streckenweise weggeschwemmt und wir mussten schon jetzt schieben. Es war auch schon recht warm, deshalb kam uns das Rifugio Capanna Delgi Alpini am Ende des Tales für eine kleine Erfrischung gerade recht. Wir liegen ja gut in der Zeit… dachten wir.

Nach der Rast versuchten wir, den richtigen Weg zu finden. Die ersten Versuche endeten im Gestrüpp, und wir wollten schon aufgeben. Während wir auf der Karte nach einer Alternative suchten, entdeckte Seppl einen beschilderten Trampelpfad. Diesem folgten wir schiebend und tragend 700 Höhenmeter bergauf. Das war eine ziemliche Viecherei, aber schließlich erreichten wir doch das Rifugio Pietro Galassi. Dort gab es Spagetti und Kaltgetränke. Da es aber schon spät war, war es schon jetzt klar, dass wir das vorgesehene Pensum für den Tag nicht schaffen können. Wir beschlossen, uns bis San Vito di Cadore auf dem geplanten Weg durchzuschlagen und dort zu versuchen, ein Großraum-Taxi auf den Passo di Giau zu ergattern. Von dort wollten wir dann nach Pescul rollen, wo wir zwei Zimmer reserviert hatten. Allerdings lag dazwischen noch einiges an Schieben und Tragen. Als wir aufbrachen, zückte der Hüttenwirt sein Handy, um die bekloppten Deutschen zu fotografieren… offenbar waren noch nicht viele mit dem Fahrrad an diesem Ort.

Noch 60 Höhenmeter bergauf zur Forcella Piccola, und danach 600 Höhenmeter bergab über endlose Geröllfelder, dann endlich erreichten wir fahrbares Terrain und genossen es, die letzten 200 Höhenmeter nach San Vito di Cadore im Sattel absolvieren zu können.

An der Bushaltestelle schauten wir nach einer Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Google Maps prognostizerte eine Reisedauer von 12 Stunden mit dem ÖPNV…

Also Großraum-Taxi… aber wie kommen wir da dran? Ein kleiner Dorfkiosk mit Getränkeausschank war unsere nächste Anlaufstelle. Die Chefin, eine freundliche Oma, sprach zwar weder Englisch noch Deutsch, verstand aber irgendwie doch, was wir suchten. Sie hängte sich gleich ans Telefon und machte schon beim zweiten Anruf ein Taxi klar. In 45 Minuten sollte es da sein. Zeit genug also für ein Getränk und eine Pizza-Schnitte, die es dort auch zu erwerben gab.

Nach einer dreiviertel Stunde traf ein schwarzer VW-Bus ein. Der Fahrer sprach Deutsch und wir versuchten gleich, die Räder zu verladen. Mit eingebauten Vorderrädern passten die aber nicht ins Auto. Wir wollten aber die Vorderräder auch nicht ausbauen und baten den Fahrer deshalb, die zweite Rückbank auszubauen. Der stimmte auch zu und fuhr dazu noch kurz zur nahegelegenen „Homebase“ zurück, was die freundliche Oma vom Kiosk sichtlich verwirrte. Nur 5 Minuten später war der Taxler aber wieder da, wir verluden die Räder und genossen die Fahrt auf den Passo di Giau auf 2236 Meter. Unterwegs erzählte der Fahrer von den Problemen bei den Bauprojekten für die Winterolympiade 2026 in der Region. Die Baustelle für die neue Bobbahn in Cortina, an der wir vorbeifuhren, wurde gerade erst begonnen.

Von der Passhöhe fuhren wir auf der Passstraße fast 1000 Höhenmeter bergab bis Selva di Cadore. Von dort waren es nur noch ein paar wenige Kilometer und etwa 100 Höhenmeter bergauf, bis wir Pescul erreichten, wo wir zwei Zimmer für die Nacht im Garni Ladinia reserviert hatten. Wir gönnten uns noch ein schnelles Bierchen auf der Terrasse, aber die anwesende Motorrad-Gang aus der Slowakei nervte ziemlich. Nach dem Duschen und Wäschewaschen machten wir uns auf ins Dorf zum Restaurant Giglio Rosso, welches uns die Junior-Chefin in unserem Garni empfohlen hatte. Das Essen war gut und auch relativ preiswert. Zurück im Garni stellten wir fest, dass die Bar schon geschlossen hatte. Für einen Absacker mussten wir deshalb ins nahegelegene Hotel nebenan ausweichen.

Als wir gegen 22:00 Uhr von dieser anstrengenden Mission zurückkehrten, war die Tür des Garni abgeschlossen und keiner unserer Schlüssel passte ins Schloss. Recht fix haben wir aber den unverschlossenen Hintereingang entdeckt. Den 2:1 Sieg der Portugiesen über die Tschechen bekamen wir nur noch im Halbschlaf mit.

 

Mittwoch, 19. Juni 2024, fünfte Etappe

Pescul (I) – Rifugio Passo Valles (I), 45.6 km, 2391 hm ↗, 1676 hm ↘

Die Wetterfrösche prognostizierten gutes Wetter bis 16:00 Uhr, danach waren lokale Gewitter vorhergesagt. Das Frühstück war, wie in Italien üblich, recht einfach. Allerdings gab es selbstgebackene Sachertorte und Apfelkuchen. Von letzterem hat sich Seppl ein Stück zum Mitnehmen erschnorrt, mit Genehmigung der Chefin natürlich.

Nach ein paar Kilometer und 400 Höhenmeter Abfahrt auf Straße bogen wir auf den Forstweg Richtung Forca Rossa Pass ab. Zuvor besorgen Gunther und Seppl in einer Apotheke noch Cremchen und Sälbchen für das eine oder andere Wehwehchen.

Die Schotterpiste am Ostrand des Marmolada-Massivs war zunächst gut fahrbar, wurde dann aber derart steil, dass selbst der kleinste Gang unserer Räder nicht mehr ausreichte. Also mussten wir etwa 300 Höhenmeter bei etwa 22% Steigung bis zum Ende des Wirtschaftsweges schieben. Ab dort ging es auf einem verblockten Pfad weiter, auf dem wir die Räder größtenteils tragen mussten. Zwischendurch hatten wir versucht, über eine Pferdekoppel abzukürzen, mussten dies aber abbrechen, weil der Weg ins Nichts führte. Also zurück auf den originalen Serpentinenpfad. Etwas geplättet erreichten wir bei sommerlichen Temperaturen und Sonnenschein nach 500 Höhenmeter tragen die Passhöhe Forca Rossa auf 2485 Meter.

Die Abfahrt war, abgesehen von den ersten 150 Höhenmeter, zum großen Teil fahrbar über Schotterpfade und Bergwiesen. Allerdings waren unsere Getränkevorräte nahezu aufgebraucht, und Kohldampf hatten wir auch. Da kam es ganz gelegen, dass das Rifugio Flora Alpina geöffnet hatte. Etwas enttäuscht waren wir, als der Kellner uns mitteilte, dass die Küche kalt wäre und er uns nur Paninis anbieten könne. Nix mit Suppe oder Spagetti, aber in der Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen…

Nach der Rast setzten wir unsere Fahrt über einen kleinen Gegenanstieg aus Asphalt fort und fuhren dann auf einem Asphaltsträßchen auf 1400 Meter ab. Unten angekommen bogen wir auf die Passstraße zum Passo Valles, wo uns noch 600 Höhenmeter erwarteten. Die Auffahrt ging recht flott und wurde nur von ein paar bekloppten Mopedfahrern gestört. Ich werde wohl nie verstehen, was an offenen Auspuffanlagen so cool ist.

Um 17:00 Uhr erreichten wir das Rifugio Passo Valles auf 2000 Meter. Das war auch wichtig… zumindest für Seppl. Denn heute stand das zweite Spiel der deutschen Nationalmannschaft an. Anpfiff gegen Ungarn war um 18:00 Uhr, also gerade noch Zeit für ein Bier auf der Terrasse, Duschen und Wäsche waschen. Überall in und um das Rifugio waren Schilder angebracht mit der Aufschrift „Don’t touch the dog, bitte den Hund nicht anfassen“. Der Köter war aber weit und breit nicht zu Sehen und lies sich während unseres Aufenthalts nicht blicken, zum Glück…

Seppl hat gleich bei Ankunft ein Separee mit Fernseher klar gemacht, in welchem wir ungestört das Spiel sehen und gleichzeitig das Halbpension-Menü einnehmen konnten. Wir haben sogar einen deutschen Sender gefunden.

Der lautstarke Torjubel von Seppl veranlasste auch den Kellner, ab und zu mal vorbeizuschauen und das Spiel zu schauen. Deutschland qualifizierte sich mit dem 2:0 Sieg schon vorzeitig fürs Achtelfinale.

Das Essen war ok. Gegen 22:00 Uhr verzogen wir uns in unsere schönen Zimmer. Seppl und ich hatten glücklicherweise wieder getrennte Betten. Beim Spiel Schottland gegen die Schweiz stand es zur Halbzeit 1:1.

 

Donnerstag, 20. Juni 2024, sechste Etappe

Rif. Passo Valles (I) – Andalo (I), 113.5 km, 1662 hm ↗, 2586 hm ↘

Wir haben gut geschlafen. Aufgewacht bin ich vom Zigarettenqualm von ein paar Moped-Fahrern, die um 5:30 Uhr unter unserm offenen Fenster ihre Sucht befriedigten. Das Frühstück war ok.

Abfahrt war um 9:00 Uhr. Der Himmel war bedeckt, aber es war trocken. Runter ging es auf der Passstraße auf 800 Meter nach Bersaglio, wo wir auf den schönen Radweg entlang der Fiemme nach Molina di Fiemme radelten. Über einige Kilometer erklommen wir hier fast unmerklich 300 Höhenmeter. In Molina di Fiemme befindet sich direkt am Radweg die Edel-Pasta-Manufaktur Pastificio Felicetti, inklusive Werksverkauf. Der verfügbare Stauraum in unseren Rucksäcken war aber so beschränkt, dass wir einen Einkauf dort auf einen späteren Zeitpunkt vertagen mussten.

Der nächste Anstieg begann auf einer mäßig befahrenen Autostraße, aber nach etwa 200 Höhenmeter bogen wir auf einen tollen Radweg ab, der uns bis nach San Lugano führte. Ab dort ging der Radweg weiter auf einer alten Bahntrasse, über Viadukte und durch alte Bahntunnel über 900 Höhenmeter mit angenehmem Gefälle bis hinunter ins Etschtal. Dort war es mächtig warm, und uns stand der Sinn nach einer Rast. In Neumarkt, dem angeblich schönsten Ortskern in Norditalien, kehrten wir im Restaurant Andreas Hofer ein. Das Restaurant ist benannt nach dem Tiroler Freiheitskämpfer, der im Februar 1810 hingerichtet wurde. Wir konsumierten Nudeln und Getränke und genossen die Kühle unter dem alten Gewölbe, das die Außengastronomie überspannte.

Eigentlich wollten wir nach der Pause noch ein kleines Nickerchen am Ufer der Etsch machen… schließlich lagen wir ja „gut in der Zeit“. Aber mittlerweile waren dicke Wolken aufgezogen. Deshalb zogen wir es vor, diesen Plan zu verwerfen und stattdessen direkt die 20 Kilometer bis Mezzocorona bei Gegenwind auf dem Etschtal-Radweg anzugehen.

In Mezzocorona angekommen fing es etwas an zu Regnen. Das war sogar recht angenehm, weil es dadurch etwas abkühlte. Genau richtig für die anstehenden 1100 Höhenmeter nach Andalo. Der Einstieg zur Auffahrt war etwas knifflig, weil er durch einen Tunnel auf einer vielbefahrenen Straße führte, aber der Tunnel war nur 400 Meter lang. Eine Alternative gab es sowieso nicht, also Augen zu und durch. Weiter ging es zuerst auf Straße, dann über Asphaltwege, durch Weinberge und schließlich über gut fahrbare Schotterwege hoch nach Andalo. Mittlerweile schien schon wieder die Sonne und es war mächtig schwül. Ein Wetter ganz nach Gunthers Geschmack. Der Schweiß lief ihm schon buchstäblich aus den Latschen… Seppls Knie, das bis dahin gut durchgehalten hatte, meldete sich und mahnte zur Vorsicht. Zwischendurch mussten wir ein paar Meter schieben, weil die Steigung von 25% Fahren für uns unmöglich machte.

Um 17:30 Uhr erreichten wir die wenig sehenswerte Innenstadt von Andalo und checkten im Hotel La Roccia ein. Für ein Radler aus der Dose war vor dem Duschen und Wäsche waschen noch Zeit. Unser Doppelzimmer hatte auch wieder Einzelbetten.

Zum Durstlöschen suchten wir uns eine Kneipe gegenüber des Hotels aus, wo wir auf der beschatteten Terrasse ein paar Bierchen und Radler konsumierten, bevor wir eine Pizzeria suchten. Fündig wurden wir recht schnell. Das auserwählte Etablissement sah von außen etwas schäbig aus, überraschte aber innen mit nettem Ambiente und einer tollen Holzdecke. Auch das Essen entsprach unseren Erwartungen, nur das Spiel England-Dänemark, welches auf Seppls Anfrage im Fernseher lief und mit einem mageren 1:1 endete, langweilte ziemlich.

Nach dem Essen wollten wir eigentlich die Location für einen Schlummertrunk wechseln. Weil wir aber nichts Ansprechendes fanden, kehrten wir zu unserer Pizzeria zurück und setzten uns auf die Terrasse, um das Spiel Spanien gegen Italien zu schauen. Die Anteilnahme der italienischen Beobachter hielt sich aber sehr in Grenzen. Es wurden keinerlei Emotionen gezeigt, und die Spanier gewannen, wie von Olaf Thon am Morgen schon angekündigt hatte, mit 1:0. Um 23:00 Uhr dackelten wir zurück zum Hotel.

 

Freitag, 21. Juni 2024, siebte Etappe

Andalo (I) – Riva (I), 70.6 km, 1651 hm ↗, 2468 hm ↘

Finale! Der Himmel zeigte sich leicht bedeckt. 8:00 Uhr Frühstück, 9:00 Uhr Treffpunkt in der Garage bei den Fahrrädern, wo schon eine Horde Shuttle-Biker ihre Federwegs-Monster auf die Sessellift-Fahrt auf den Monte Paganella vorbereiteten. Draußen wurde gerade das Begleitfahrzeug gepackt als ginge es auf Weltreise.

Unser Weg führte uns 2 Kilometer auf Straße aus dem Ort, und dann auf einem zunächst fahrbaren Forstweg bergauf. Gunther hatte mit Handy und Komoot am Vorabend noch ein paar Optimierungen am Streckenverlauf vorgenommen, um die steilsten Streckenabschnitte zu entschärfen. Der Erfolg dieser Aktion war aber überschaubar. Der Streckenverlauf schnitt die Höhenlinien immer noch orthogonal, nur eben auf der Rückseite des Berges. Ich glaube, dass Komoot für die Alpen nur bedingt zu gebrauchen ist, weil das Komoot Höhenmodell nicht präzise genug ist. Sei’s drum 700 Höhenmeter Schieben über die Skipiste konnten uns nicht aufhalten. Teilweise war die Piste so steil, dass wir uns im ZickZack den Hang hochquälten.

Oben an der Bergstation vom Sessellift aus Andalo befand sich eine Hütte, die zur Einkehr einlud. Die Hütte war gut besucht von Bergab-Radlern, die sich vor der Abfahrt stärkten. Auch ein paar „Biker“ aus unserem Hotel waren dort und auch wir haben uns dort erfrischt. Während Seppl noch seine Nudeln verzehrte, war Gunther wieder mit Komoot zu Gange, um die letzten verbleibenden 300 Höhenmeter auf das notwendige Minimum einzudampfen. Einige kürzere Rampen waren aber nicht zu vermeiden.

Als wir aufbrachen, hofften wir noch einen Blick auf den Molveno-See zu erhaschen, aber es war ziemlich diesig und die Fernsicht entsprechend dürftig. Am Radständer vor der Hütte war mittlerweile kaum noch Platz und wir waren froh, wieder in die Einsamkeit der Trails eintauchen zu können. Die ersten Kilometer wurden wir noch von ein paar Bergab-Radlern begleitet, die wir aber bei den ersten Steigungen hinter uns lassen konnten. Aber eigentlich hatten wir gar keine Lust mehr auf Anstiege. Eine Skipiste und ein anschließender Waldweg führte uns schließlich hinunter auf ein kleines Asphaltsträßchen, dem wir bis Ranzo folgten. Ab dort bewegten wir uns auf bekanntem Terrain. Die megasteile Beton-Abfahrt zum Lago di Toblino kannten wir schon von der Tour in 2016 und brachte auch dieses Mal wieder unsere Bremsen zum Glühen.

Am Lago di Toblino See mit dem exklusiven Inselrestaurant im Castel Toblino führt eine sehr stark befahrene Straße entlang. Wir versuchten die kurze Strecke, die wir auf dieser Straße absolvieren mussten, mit einem potentiell lebensverlängernden Sprint zu überbrücken, bevor wir auf den Radweg entlang der Sarca abbogen. Diesem sehr schönen Weg folgten wir bis Riva, durch mediterrane Vegetation und vorbei an duftenden Feigenbäumen, die hier wie Unkraut wachsen und mich an mein mickriges, undankbares Gewächs zuhause erinnerten.

Der Weg zum Hafen von Riva führte vorbei an unserem Hotel, das sich deutlich weiter außerhalb der Stadt befand als ich beim Buchen realisiert hatte. Am Hafen folgten wir der mittlerweile schon traditionellen Routine: Finisher-Bild, Anruf zuhause, Gunther hüpft in den See, Spagetti-Vongole und Gunther kassiert einen Rüffel vom Kellner… diesmal wegen „Füße auf dem Stuhl“. Nach ein paar Bierchen schwebten wir auch schon ein wenig, aber wir vergasen nicht, auf dem Weg ins Hotel einen Tisch fürs Abendessen zu reservieren.

Einchecken und Duschen ging fix, die Radklamotten haben wir aromaversiegelt und schon mal im Rucksack verpackt. Um 19:45 Uhr war Abmarsch zum Restaurant. Wir dinierten im selben Restaurant, das wir schon letztes Jahr beehrten, und auch dieses Jahr waren wir wieder sehr zufrieden. Anfangs waren wir etwas enttäuscht, dass wir nur einen Tisch „drinnen“ bekamen, aber als es draußen wie aus Kübeln anfing zu regnen, waren wir darüber gar nicht mehr so traurig.

Nach dem Essen hatte der Regen schon wieder aufgehört und wir marschierten zurück Richtung Hotel. Der raditionelle Caipirinha (https://de.wikipedia.org/wiki/Caipirinha) musste aber natürlich noch sein. Die Rivabar erschien uns für diese Aufgabe geeignet zu sein…

 

 

Samstag, 22. Juni 2024, Rückreise

Geweckt hat uns die Müllabfuhr, die allem Anschein nach dutzende Glascontainer direkt unter unserem Zimmerfenster geleert hat. Am Vortag hatten wir schon angefragt, ob wir eventuell schon etwas früher frühstücken könnten, da unser Shuttle um 8:15 Uhr in Torbole losfahren sollte. Diesem Wunsch wurde auch entsprochen, und um 7:15 Uhr war schon das komplette Frühstücksbuffet aufgebaut. Da das Unwetter vom Vorabend in ganz Riva sämtliche Bankautomaten lahmgelegt hat und auch Kartenzahlung nicht möglich war, waren wir froh, zum Auschecken genug Bargeld dabei zu haben.

Als wir die Räder aus dem Schuppen holten, stellte ich fest, dass mein Vorderrad platt war… offenbar ein schleichender Plattfuß, wie sich herausstellte verursacht durch ein Dorn in der Lauffläche. Aufpumpen sollte also reichen für die 2 Kilometer nach Torbole.

Am Shuttle, diesmal ein ausgewachsener Reisebus, herrschte etwas Chaos. Auf der Teilnehmerliste waren unter Gunthers Namen nur zwei Mitfahrer gelistet. Gunther konnte aber beweisen, dass er für drei gebucht und bezahlt hatte. Die Räder wurden in den Anhänger geladen, unsere zuletzt, weil wir als erstes aussteigen mussten. Bei der Fahrt mit dem Bus nach Nago bot sich nochmal ein letzter Blick auf den stahlblauen See. Nur um die Mündung der Sarca färbte sich das Wasser cappuchinobraun, da es wohl auch in den Bergen am Vorabend heftig geregnet hatte.

Auch die Etsch führte neben einer Menge Wasser jede Menge Treibgut. Nach einer kurzen Rast am Brenner und etwas zähfließendem Verkehr auf der Brennerautobahn ließ uns der Busfahrer kurz vor Innsbruck raus. Nochmal kurz das Vorderrad aufpumpen und schon rollten wir hinunter zum Hauptbahnhof. Nur etwa 40 Minuten später saßen wir schon im sehr sauberen Zug nach Wörgl, wo wir knapp 45 Minuten später auch ankamen. Noch ein kurzer Ritt entlang des der Brixentaler Ache zu unseren Autos, die wir unversehrt vorfanden, und schon war unsere diesjährige Alpenüberquerung leider Geschichte. Für mich ist das immer ein Moment mit gespaltenen Gefühlen. Einerseits bin ich froh, dass die Anstrengungen vorbei sind, anderseits bin ich auch traurig, dass die schönen Tage schon wieder vorbei sind.

Nachdem wir die Räder verstaut und anständige Klamotten angezogen hatten, verabschiedete ich mich von Seppl und Gunther. Die beiden kamen gut zuhause an. Ich verbrachte noch eine Nacht bei meinen Eltern in Ulm.

 

Fazit

Auch dieses Jahr war die Tour wieder ein tolles Erlebnis mit einigen Highlights. Gefreut hat mich, dass ich dieses Jahr besser mithalten konnte. Einige altersbedingt vorgeschädigte Körperteile verlangen unterwegs zwar etwas Zuwendung, verrichteten dann aber nahezu klaglos ihren Dienst.

Eine alte Erkenntnis hat sich auch dieses Jahr wieder bestätigt, nämlich dass die Aussagekraft von Höhen- und Kilometer einer Etappe beschränkt ist. Die härteste Etappe dieses Jahr war die vierte, welche zugleich auch die kürzeste war.

Die Tour schon Mitte Juni zu fahren, erwies sich als gute Idee. Die Hotels sind noch nicht ausgebucht, die Trials sind leer und die Hitze hält sich in Grenzen, was besonders Gunther gefreut hat. Natürlich hatten wir auch ziemlich Glück mit dem Wetter, das kann natürlich im Juni auch ganz anders aussehen.

Der Schiebeanteil war dieses Jahr etwas höher als sonst, aber wir wussten schon vorher, dass dieses Risiko besonders bei der vierten Etappe bestand.

Dass ich dieses Jahr überhaupt dabei sein konnte, habe ich diesmal meiner Schwägerin Sibylle zu verdanken, die vorübergehend bei uns eingezogen ist und Britta unterstützt hat. Das war große Klasse!

 

Die nackten Zahlen

 

 

 

 

 

Das Höhenprofil

Übersichtskarte